Paracas

Das Wort Paracas ist Quechua und heißt Sturmwind. Die Halbinsel Paracas liegt an der Küste Südperus und ist heute einsam und verlassen. In früheren Zeiten war sie dicht bewohnt.

Um 3000 v. Chr. war die Paracas-Halbinsel von einer Bevölkerung besiedelt, die weder Baumwolle noch Keramik kannte. Die Ernährungsgrundlage war vor allem der Fischfang und Muschelsammeln. Diese Lebensweise führte zu riesigen Muschelhaufen, die bis zu 100 m lang und 10 m hoch sein konnten. Die Toten bestattete man aber schon in Schilfmatten und manchmal in Lamafellen.

Keramik
Keramik (34 KB)

Langschädel
Deformierter Schädel (23 kB)

Gegen 1000 v. Chr. lebte dort eine Gesellschaft, die zwar immer noch keine Keramik kannte, denen aber Mais, Maniok, Baumwolle und Bohnen nicht unbekannt waren. Außerdem hatten sie die Bestattungsrituale weiterentwickelt. Gegen 700 v. Chr. wurde diese Region von der Chavín-Kultur beeinflußt. Zur selben Zeit wurde dort auch die Keramik bekannt. Aus dem Chavín-Einfluß entwickelte sich ein ganz eigener Stil, der den religiösen und kulturellen Eigenheiten des Paracas-Gebietes angepaßt war.

Dem peruanischen Archäologen Julio C. Tello fielen in den zwanziger Jahren schöne Textilien in privaten Sammlungen auf. Er wollte wissen, woher diese Stücke stammten und begann 1925 eine lange Grabungsaktion an den Hängen des Cerro Colorado, eine der auffälligsten Landmarken auf der Paracas-Halbinsel. Der Cerro Colorado ist eine rötlich schimmernde Erhebung aus Rosengranit. In den Berghängen fand Tello 2 Gräberfelder: Cavernas und Necropolis. Aufgrund der Lage und des trockenen Klimas waren die Gräber völlig unversehrt geblieben und anhand der Funde konnte man die Paracas-Kultur in zwei Stilrichtungen untergliedern, Paracas-Cavernas und Paracas-Necropolis. Cavernas stammt aus der Zeit 600-400 v. Chr. Die andere Nekropole ist jünger. Ähnliche Gräber fand man auch in den nahen Küstentälern von Ica, Pisco, Chincha und Nazca.

Im Gipfelbereich des Cerro Colorado fand man flaschenähnliche, unterirdische Schachtgräber, die deshalb den Namen Cavernas ("Kavernen") erhielten. Die dortigen Gräber enthielten 30-40 Leichname (Männer, Frauen und Kinder), deren sozialer Status an den Grabbeigaben erkennbar war. Die Ärmsten trugen nur ein einfaches Baumwollgewand und hatten ein Kürbisgefäß mit Nahrungsmitteln bei sich. Die sozialer höherstehenden waren auch in eleganteren, reicher vierzierten Stoffen beigesetzt und man fand auch mehr Grabbeigaben, wie Keramikgefäße, Goldschmuck und anderes. Bei Männern und Frauen waren die Schädel deformiert und an fast der Hälfte der Schädel hatte man eine Trepanation vorgenommen.

Neben wunderschönen Textilien fand man auch Keramiken, die uns helfen diese Kultur zeitlich einzuordnen und mehr über sie zu lernen. Typischerweise waren die Keramiken dieser Zeit mit Farbpigmenten verziert, die in Harz gelöst und nach dem Brennen aufgetragen wurde. Anhand der Art der Keramik und der Motive (bspw. Kugelgefäße mit Steigbügelhenkel und einer eingeritzten Raubkatze) kann man erkennen, daß es Verbindungen zu dem Zeremonialzentrum Chavín de Huántar gab. Dieser Einfluß verblasste aber im Laufe der Zeit und war während der Necropolis-Phase nicht mehr zu spüren.

Keramik
Keramik (32 kB)

Mumienbündel
Mumienbündel 451 (28 KB)

Necropolis ("Totenstadt") befindet sich an der Nordspitze von Cerro Colorado und bestand aus  unterirdischen Kammern mit echten Wänden. Sie enthielten zahlreiche Mumienbündel. Tello fand 429 mumifizierte Körper von erwachsenen Männern. Manche trugen über 100 farbenfrohe Baumwollkleidungsstücke. Deshalb nimmt man an, daß diese Begräbnisstätte für ranghohe Personen gedacht war. Die Mumien fand man in einer fötusartigen Haltung.

Aufgrund dieser Funde ist man inzwischen in der Lage zu sagen, daß der Höhepunkt der Paracas-Kultur zwischen 550 v. Chr. und 100 n. Chr. lag. Diese Kultur ist das erste Beispiel einer komplex strukturierten Gesellschaftsform an der südperuanischen Küste.

Das die Gräber nach ca. 2500 Jahren so gut erhalten geblieben sind, haben wir dem extrem trockenen Klima auf der Paracas-Halbinsel zu verdanken. Neben den Baumwollstoffen fand man auch gut erhaltene Holzgegenstände wie Pfeile und Webstühle sowie Reste pflanzlicher Nahrungsmittel in Körben.

Der Übergang zur Nasca-Zeit verlief schleichend zwischen 200 und 100 v. Chr. Die Veränderungen der Kultur sind eventuell auf die Ankunft neuer Völker zurückzuführen. Bedeutende Änderungen sind vor allem bei der Herstellung der Keramik zu beobachten. Diese wurde nun vor dem Brand bemalt und erhielt leuchtende Farben und eine hochglänzende Oberfläche.

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