15. Tag: 4.9.2010 (Sonnabend) - Jasper
Meine Busse fahren immer früher los. Diesmal sollte es schon 6:30 Uhr losgehen, dass heisst, ich musste 4:30 Uhr aufstehen. Als ich gegen 5:30 Uhr das Hotel verliess, wurde ich gleich gefragt, ob mir am Hotel irgendwas nicht gefallen hat.
Ich hatte mir nach dem gestrigen Erlebnis noch überlegt, ob ich vielleicht einen späteren Bus nehmen soll, aber dann doch davon Abstand genommen und das war gut so. Diesmal gab es keinen Securitycheck und der Bus war auch angenehm gefüllt. Jeder hatte seine Bankreihe für sich alleine und konnte problemlos die Sitzlehne nach hinten stellen. Das war eine sehr schöne Fahrt.
Ab und zu bin ich mal weggenickt, aber es war doch interessant zu beobachten, wie sich die Landschaft änderte. Am Anfang gab es unendliche Weiten, mit Wiesen, Getreide oder Mais. Das änderte sich langsam zu Mischwald und dann waren wir in den Rocky Mountains und es fing an zu giessen, aber Gott sei Dank nur kurz. Und dann fuhren wir den Icefield Parkway entlang. Das war eine Aussicht! Neben uns der Athabasca River und Seen und dahinter die Berge.
Gegen 12:00 Uhr waren wir dann in Jasper. Aus dem Bus habe ich auch schon mein Hotel gesehen, so dass ich wusste, in welche Richtung ich laufen muss. Dort war aber noch kein Zimmer frei, erst ab 16:00 Uhr. Also liess ich meinen Koffer im Hotel und schaute mir ein bisschen Jasper an. Das war ganz gut, dass ich so ein bisschen Zeit hatte, da konnte ich mir einen Überblick verschaffen, wo ich was finde. So war ich auch in der Touristeninformation und erkundigte mich bezüglich Biken, was ich beachten müsste usw. Ich bekam da auch 2 sehr hilfreiche Karten in die Hand gedrückt. Ich machte auch gleich einen grossen Einkaufsbummel und kaufte ein Paar Handschuhe, 5 T-Shirts und einen langärmligen Pullover. Wer weiss, ob ich in den nächsten Tagen dazu komme.
Gegen 16:00 Uhr bezog ich dann mein Zimmer, ruhte mich etwas aus. Ich ging dann aber nochmal ins Dorf, um mir für die nächsten Tage ein Fahrrad auszuleihen. Ohne fahrbaren Untersatz kommt man hier nicht weit. Mir wurde ein Mountainbike empfohlen. Ich bekam noch einen Gelsattel zum überstreifen und ein Schloss hinzu und dann konnte ich losfahren. Das war ja einfach. Trotz Gelsattel fand ich den Sattel ziemlich ungemütlich. Das Bike bremst aber sehr gut. Bei der ersten Bremsung wäre ich fast vorne rübergefallen.
16. Tag: 5.9.2010 (Sonntag) - Jasper
Der Wetterbericht sagte nicht so tolles Wetter voraus: stark bewölkt mit Regen. Im Touristenbüro hing allerdings sinngemäss die Aufforderung (neben dem aktuellen Wetterbericht), dass man sich von einer schlechten Wetterprognose nicht seine geplanten Aktivitäten versauen lassen sollte. In den Rockys kann sich das Wetter jeden Moment auch wieder ändern. Und daran hielt ich mich.
Edith Lake
Ich hatte mein Fahrrad bzw. Mountainbike (so was bin ich noch nie gefahren) und konnte deshalb gleich früh zu meinen geplanten Ausflügen aufbrechen. Vorsichtshalber packte ich noch meine Regenhose ein und da es draussen bitterkalt war, knüpfte ich noch meinen Faserpelz in meine Jacke und hatte so eine schöne warme Winterjacke.
Ich fuhr den Icefield Parkway entlang bis zur Maligne Lake Road. Unterwegs machte ich noch ein paar Fotostopps. Auf der Maligne Lake Road stoppte auf einmal weit vor mir ein Auto, dann überholte mich ein Auto und stoppte auch dort. Ich fragte mich schon, was das soll. Dann sah ich die Autoinsassen mit Fotoapparat dasitzen: Da stand doch tatsächlich ein Elch am Strassenrand. Mein erster echter Elch!
Kurze Zeit später kam dann auch ein nettes Schild auf englisch und französisch:
Ganz tolle Warnung: Und was soll ich auf dem Bike machen?
Der Maligne Canyon war recht einfach zu erreichen. Da es auch noch recht früh war, waren noch nicht so viele Wanderer unterwegs. Deswegen konnte ich wahrscheinlich auch den Kojoten sehen, der meinen Weg kreuzte. Auf dem Rückweg waren dann dagegen sehr viele Touristen unterwegs, wahrscheinlich aufgrund des langen Wochenendes. Es war eine leichte Wanderung mit schönen Aussichten, wobei die Aussichten bei besserem Wetter sicher noch schöner gewesen wären. Auf dem Rückweg lockerte sich der Himmel aber etwas auf und ab und zu sah man etwas blauen Himmel durchschimmern.
Danach machte ich mich auf den Weg ins „Valley of Five Lakes“. Zuerst ging es eine autofreie-Strasse entlang. Dabei habe ich immer den linken und den rechten Waldrand im Auge behalten, damit ich keinen Elch oder Bären überfahre. Am Lake Edith gab es wieder etwas „Zivilisation“ und was trampelt da quer über den Parkplatz: Ein ausgewachsener Elch.
Ich bin noch an anderen schönen Seen vorbei gefahren: Lake Annette, Mildred Lake und dem Lac Beauvert. Kurz danach konnte ich auf den kombinierten Wander-Bikeweg einbiegen. Meine Fresse: Also ich fand das ja nicht Bike-geeignet, auf jeden Fall nicht Mountainbike-geeignet for Beginners – also für mich. Die meiste Zeit habe ich das Bike geschoben und durfte mir unterwegs deswegen natürlich lustige Kommentare anhören. Einerseits wäre ich einige Wege auf dem Bike nie hochgekommen, andererseits bin ich ein viel zu grosser Schisshase, diese komischen Wege auch wieder runterzufahren. Ich wollte ja nicht mit gebrochenen Knochen in den Rocky Mountains liegen! Jeder sollte seine Grenzen kennen, und meine waren da erreicht.
Also änderte ich kurzfristig mein Ziel von „Die 5 Seen besichtigen“ zu „Im Hellen das Hotel erreichen“. Das Bike hatte nämlich auch kein Licht und die Rückfahrt ging auf alle Fälle über den viel befahrenen Icefield Parkway und im Dunkeln wäre mir das viel zu gefährlich gewesen. Dieses Ziel habe ich auch erreicht. Ich bin aber total erschöpft und mit schmerzendem Hintern, wegen komischen Sattel, im Hotel wieder eingetroffen.
17. Tag: 6.9.2010 (Montag) - Jasper
Heute war Labor Day und für die meisten Leute Abreisetag. Damit ist die Touristensaison in Kanada für dieses Jahr auch vorbei. Etliche Geschäfte schliessen jetzt früher, Campingplätze haben teilweise gar nicht mehr auf und die Attraktionen haben häufig geänderte, verkürzte Öffnungszeiten.
Ich habe gestern einen „Aussichtspunkt“ entdeckt, den ich bei besseren Wetter nochmal besuchen wollte. Heute war ein klein wenig mehr blauer Himmel zu sehen als gestern. Ich bin zum „Old Fort Point“ hochgelaufen und von dort hatte man eine wunderschöne Aussicht auf die umliegenden Berge, den Athabasca River und Jasper.
Geplant war ausserdem zum Medicine und Maligne Lake zu fahren. Ich habe es aber, trotz Mountainbike, nicht geschafft. Ich brauche doch länger, mich mit einem fremden Fahrrad einzufahren als gedacht. Insbesondere der nicht so bequeme Sattel machte mir arge Probleme. Also suchte ich mir eine leichtere Strecke und fuhr am Nachmittag zum Patricia und Pyramid Lake. Das war auch eine schöne Fahrt. Mit blauem Himmel wäre es aber ganz sicher noch schöner gewesen.
Auf dem Rückweg stauten sich wieder die Autos am Seitenrand und siehe da: wieder ein Elch auf der anderen Strassenseite. Ich stand als letzte in der Reihe und fotografierte den Elch als er auf einmal losgaloppierte und die Strassenseite wechselte. Er rannte direkt hinter mir in den Wald rein. Ich trat sofort in die Pedale, damit sich wenigstens noch ein Auto zwischen mir und dem Tier befand.
18. Tag: 7.9.2010 (Dienstag) - Jasper
Heute ging es zu den Athabasca Falls, ca. 30 km und etliche Höhenmeter von Jasper entfernt. Es war schon eine anstrengende Fahrt, insbesondere da ich nicht nur auf den Weg geachtet habe, sondern auch auf den Waldrand. Bei jedem Ausruhen habe ich mich erstmal umgeschaut, ob ein Bär in der Nähe ist. Diesmal habe ich aber keine grösseren Tiere gesehen.
Unterwegs fing es leider an, sanft zu nieseln und es hörte auch erst wieder auf dem Rückweg auf.
Der Besuch der Wasserfälle lohnt sich aber. Endlich mal eine Attraktion für die man nichts bezahlen muss.
Jetzt, wo ich das Bike eingefahren habe und mir auch den Weg zum Maligne Lake zutrauen würde, musste ich es wieder abgeben. Die drei Tage haben insgesamt 113$ Miete gekostet. Eigentlich ganz schön happig.
Es ging früh ins Bett, da ich am nächsten Morgen schon um 3 Uhr aufstehen muss, um meinen Buss nach Prince George zu bekommen. Der fuhr 4:20 Uhr ab.
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