20. Tag: 9.9.2010 (Donnerstag) - Fahrt nach New Hazelton
Das Zimmer im Hotel in Prince George hatte wirklich komisch gerochen. Gut, dass ich das Fenster aufmachen konnte. Leider war es doch schon recht kalt draussen, so dass ich es nicht die ganze Zeit auflassen konnte.
Die Zugfahrt war sehr schön. Ich fuhr mit dem Skeena (Jasper <--> Prince Rupert). Obwohl ich Economy fuhr, hatte ich eine unglaubliche Beinfreiheit. Im Flugzeug ist das fast First Class.
Angeblich soll man wilde Tiere vom Zug aus beobachten können. Ich bezweifle das ja ein wenig. Kaum hat man ein Tier lokalisiert… schwupps ist es wieder weg. Ich habe einen grossen Vogel gesehen (Adler oder Geier - keine Ahnung, ich sah ihn nur von hinten) und ein totes, grosses etwas an den Bahngleisen. Das kann eine tote Kuh, ein totes Reh oder ein toter Elch gewesen sein.
Aber man hatte sehr schöne Ausblicke auf die langsam sich herbstlich verfärbende Landschaft und die Reise ging die meiste Zeit an einem Fluss, dem Skeena, entlang. Man sah ihn aber häufig nicht, da Bäume davor stehen. Aufgrund des tollen Wetters spiegelten sich die Bäume sehr schön in den Seen, an denen wir vorbeifuhren.
Die Schaffner haben hier eher die Funktion eines Unterhalters und Kellners als die eines normalen Schaffners. Und das noch viel mehr in der ersten Klasse als in der Economy. Soviel Leute steigen unterwegs nicht zu oder aus, dass andauernd Tickets kontrolliert werden müssten. Da auch sehr häufig die Sehenswürdigkeiten an der Strecke angesagt werden und der Zug dann auch teilweise langsamer fährt, erinnert er mich eher an den Glacier-Express in der Schweiz als an einen normalen Zug.
Als wir in New Hazelton angekommen sind, hatte ich das Gefühl mitten in der Wildnis ausgesetzt worden zu sein. Ein Haus war in Sichtweite und die Schienen, ansonsten nur Bäume. Aber dank Navi fand ich den Weg aus dieser Wildnis und zurück in die Zivilisation in mein Hotel.
Ich habe schnell meine Sachen abgelegt und bin nochmal los um die Touristeninfo zu finden und ein paar Karten zu organisieren. Ausserdem habe ich danach Ausschau gehalten, wo ich was zu Essen finden kann.
Touristeninformation von New Hazelton (247 kB)
Die Touristeninformation hatte leider schon zu, mal wieder knapp verpasst. Sie öffnete aber schon um 8 Uhr morgens. Das reichte mir ja vollkommen aus.
21. Tag: 10.9.2010 (Freitag) - New Hazelton
Mein erster Gang führte mich natürlich zur Touristeninformation. Ich erkundigte mich, ob es noch einen anderen Weg nach ´Ksan gibt als direkt am Highway 16 entlang. Gab es leider nicht. Ausserdem erkundigte ich mich, was ich denn noch am Samstag machen könnte, da der Zug erst nach 15 Uhr wieder abfuhr. Es war für sie eine kleine Herausforderung, eine Wanderung zu finden, deren Ausgangspunkt man ohne Auto erreichen konnte. Aber sie konnte mir eine kleine Tour zu einem Wasserfall und einem Aussichtspunkt anbieten. Ausserdem gab sie mir den Fahrplan des hiesigen Busses. Der fuhr aber nur Dienstag und Freitag. Den ersten Bus nach Kispiox hatte ich leider schon verpasst, sonst wäre ich als erstes dahin gefahren. Dort soll es eine Menge Totempfähle geben.
So machte ich mich auf den Weg nach ´Ksan, ca. 7-8 km von New Hazelton entfernt. Es ging immer am Highway 16 entlang, aber nach der Hagwilget-Brücke, einer Hängebrücke über den Skeena, wenigstens auf einem abgetrennten Schotterweg.
Hagwilget-Brücke über den Skeena
Die Hagwilget-Brücke ist eine ziemlich lange Hängebrücke und es kann immer nur ein Fahrbahnrichtung zur selben Zeit genutzt werden. Die Einheimischen haben das aber auch ohne Ampelregelung sehr gut im Griff. Da gibt es die implizite Regel: Wer zuerst kommt, darf zuerst und erstaunlicherweise klappt das auch.
Nach ca. 2h erreichte ich ´Ksan und es war fast ganz leer. Da man die drei Clanhäuser nur mit einer Führung besichtigen darf, bezahlte ich auch gleich eine Führung mit. Die nächste fand auch schon 5 Minuten später statt und da ich die einzige Teilnehmerin war, wählte ich Deutsch als Audioguide. Ich war sehr erstaunt, dass neben Englisch und Französisch auch Deutsch zur Auswahl stand. Während ich mir die ersten Erklärungen anhörte, kamen noch 3 junge Leute hinzu, die sich jetzt auch den deutschen Audioguide anhören durften. Das war mir aber etwas unangenehm, dass die nichts verstanden. Aber sie hörten sich das alles höflich und geduldig an. Nachdem der Audioguide mit diesem Haus mit den Erklärungen fertig war, stellte sich aber heraus, dass es auch Deutsche waren. Umsonst ein schlechtes Gewissen gehabt.
Als erstes besichtigten wir das Froschhaus. Dort wurde gezeigt, wie das Leben der Gitxsan früher aussah. Obwohl das Haus für mich relativ klein aussah (heute würde da eventuell eine 3-4köpfige Familie drin wohnen), sollen dort 60 Leute im Winter gehaust haben. Das nächste Haus war das Haus des Wolfclans. Dort wurde gezeigt und erzählt wie Feste gefeiert wurden und insbesondere welche Art von Geschenken man verschenkte. Das Weidenröschenhaus (Fireweed) ist das Schatzhaus und dort werden Kostüme, Masken und andere Insignien für die zeremoniellen Feste aufbewahrt. In allen drei Häusern war fotografieren leider verboten. In der Mitte brannte jeweils ein Feuer, das mich fast hypnotisierte und die ganzen Häuser rochen ziemlich nach Zedernholz. Ich fand es eine interessante Erfahrung.
Nach der Führung fotografierte ich die Totempfähle und die Häuser von aussen. Inzwischen war auch blauer Himmel zu sehen, so dass die Bilder auch nicht zu trüb aussehen. Ich hielt mich ziemlich lange draussen auf, bevor ich dann das Museum besuchte. Es ist ein mittelgrosser Raum mit Artefakten der Gitksan. Das das alles Leihgaben von Stammesmitgliedern waren, war im Museum fotografieren und filmen verboten.
Nach dem Besuch von ´Ksan ging ich weiter nach Old Hazelton, dem historischen Ortskern. Es gab wirklich etliche nette ältere Häuser (ob Original oder wiederaufgebaut, weiss ich nicht). Aber vor jedem standen ein oder mehrere moderne Autos. Das hat das Bild doch ziemlich versaut.
Ich überlegte noch, ob ich auf den Bus nach Kispiox warte. Ich hätte ungefähr eine Stunde warten müssen. Da sich der Himmel aber wieder zuzog und es nach Regen aussah (was es später auch tat) und ich ausserdem keine Lust hatte, eine Stunde dumm rum zu hocken, bin ich zurück nach New Hazelton gewandert.
Für mich hat sich der Stop in New Hazelton gelohnt, wenn ich mir auch nicht alles anschauen konnte, was ich mir aufgeschrieben habe. Schade, dass ich mir kein Fahrrad ausleihen konnte.
22. Tag: 11.9.2010 (Sonnabend) - New Hazelton und Fahrt nach Prince Rupert
Mein Zug von New Hazelton nach Prince Rupert fuhr erst um 15:37 Uhr. Das heisst, ich hatte einen dreiviertel Tag, den ich noch rumbringen musste.
Das Wetter sah nicht allzu schlecht aus. Also machte ich mich auf den Weg, zu den beiden Trails, die mir das Visitor Centre vorgeschlagen hat.
Am Anfang des Trails stand gross „Watch for Bears“. Ja, und dann… Fressen lassen, oder was? Ich habe mich natürlich während der ganzen Wanderung immer wieder umgeschaut, ob mich ein Bär verfolgt. Aber ich habe – Gott sei Dank! – keinen gesehen.
Als erstes besichtigte ich den Wasserfall. Der Wald dort ist sehr viel wilder, als die Wälder durch die ich bisher gelaufen bin. Schon beeindruckend. Der Wasserfall selber war dann nicht so doll, aber der Weg dorthin hat mir gefallen. Dann bin ich zum Lookout hochgestiegen. Von dort hatte man eine gute Sicht auf das Dörfchen New Hazelton. Ich bin dann denselben Weg auch wieder zurückgelaufen, da ich mir nicht sicher war, welcher von den Trampelpfaden vom Aussichtspunkt zum Rundwanderweg gehörte. Ausgeschildert war da oben nichts.
Als ich den Wald wieder verlassen hatte, fragte mich ein Einheimischer, ob ich einen Bären gesehen habe, denn es treibt sich gerade einer in dieser Gegend rum. Aaaarrrgghhh! Gut, dass ich das nicht vorher wusste!
Ich suchte mir dann eine gemütliche Bank und verbrachte die letzten anderthalb Stunden mit Lesen, bevor ich meinen Koffer vom Hotel abholte und zum „Bahnhof“ von New Hazelton ging.
Der Zug hält in New Hazelton nur auf Request und ehrlich gesagt, war ich mir gar nicht so sicher, ob es wirklich reicht, ein Ticket zu haben, wie der Schaffner vom letzten Zug meinte. Falls der Zug doch durchrauschen sollte, hatte ich aber schon einen Plan B parat: Um 16:15 Uhr fuhr ein Greyhound Bus nach Prince Rupert. Mit einem kleinen Sprint, sollte ich es eigentlich schaffen, innerhalb einer halben Stunde von einem Dorfende zum anderen zu laufen. Während ich auf den Zug wartete, musste ich mir aber langsam einen Plan C ausdenken, denn er hatte ziemlich viel Verspätung und den Greyhound hätte ich nicht mehr erreicht. Aber der Zug hielt dann doch noch und nahm mich mit!
Diesen Teil der Fahrt fand ich landschaftlich sogar noch schöner als den ersten Teil. Leider sass ich ziemlich lange auf der falschen Seite. Man kann sagen: Von Prince George bis kurz nach New Hazelton (bzw. genauer bis zur Skeena Überquerung) ist die rechte Seite die schönere, danach die linke.
Da wir dann kurz vor Prince Rupert noch auf einen Gegenzug warten mussten, kamen wir mit ca. einstündiger Verspätung an. Es war schon dunkel und es goss wie aus Giesskannen. Mit 2 anderen Frauen teilte ich mir ein Taxi, so dass jeder nur 5$ zahlen musste.
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